A. Wirz / A. Eckert / K. Bromber (Hrsg.): Alles unter Kontrolle – Disziplinierungsprozesse im kolonialen Tansania (1850–1960) [PDF]

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Beschreibung

2003
VI, 261 Seiten
15 s/w-Fotos und Faksimile-Abbildungen, Anhang A: Khalid Kirama nilivyo kuwa, nchi ya asubuhi na usiku wa jiza katika hadithi ya Deutsch Ostafrika, Leo Tanganyika Territory. Tarehe ya Sheikh Abdallah bin Hemedi bin Aliy bin Othmani Liajemi Abdallah bin Hemedi Liajemi. [Swahili] Anhang B: Mwidau Ulenge „Mtukufu Margaret“ [Englisch/Swahili], Gesamtbibliographie, Personen- und Sachindex

Textsprache: Deutsch

Die Mehrheit der im vorliegenden Sammelband enthaltenen Beiträge entstand im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Schwerpunktprogramms Transformationen der europäischen Expansion vom 15.–20. Jahrhundert – Untersuchungen zur kognitiven Interaktion von europäischen mit außereuropäischen Gesellschaften.

Die Autoren gehen von der Überlegung aus, dass die vieldiskutierte Krise der staatlichen Gewalt in Afrika durch die Auswirkungen der Globalisierung den zu beobachtenden Phänomenen nicht gerecht wird. Sie sehen nicht das Ende von territorialen Flächenstaaten, sondern einen Aufbruch der Gesellschaften aus den Überbleibseln der überkommenen kolonialen und darauf aufbauenden post-kolonialen Machtstrukturen.

Um den gegenwärtigen Zustand zu beleuchten, zeichnen die Autoren beispielhaft einige spezifische Momente in der kolonialen Periode Tansanias nach, an denen sich die zentrale Stellung der sozialen Disziplinierungsanstrengungen kolonialer Verwaltung und die Reaktionen und Ausweichstrategien der kolonialen Untertanen ablesen und verfolgen lässt. Dabei erweist sich, dass die Eingliederung afrikanischer Gesellschaften in den kolonialen Machtaufbau nie ein unilateraler Prozess war, sondern ein komplexes Spiel verschiedenster Kräfte. Daher wird auch verständlich, dass das erstrebte Ziel aller kolonialen Maßnahmen und Disziplinierung, die Etablierung eines rational-bürokratischen Verwaltungsstaates wie in Europa, selbst am Ende der Kolonialzeit immer noch in weiter Ferne lag.

Der Grund für die Brüchigkeit der bürokratischen kolonialen Utopie und ihr Verweis auf ein immerwährendes Morgen war ihr Widerspruch zu dem Alltagshandeln der Vertreter der Kolonialverwaltung, das häufig durch Gewalt und Willkür geprägt war. Eine zentrale Rolle spielten bei den Disziplinierungsprozessen die Körper-, Zeit- und Raumvorstellungen der Beteiligten, auf die in Schulunterricht und im militärischen Bereich besonderes Augenmerk gelegt wurde. Hier fand auch Heranbildung der Schicht von loyalen einheimischen Hilfskräften statt, ohne die die Durchsetzung und Anwendung von kolonialer Macht nicht möglich gewesen wäre.

Allerdings ist zu fragen, inwieweit diese ihr erworbenes Wissen und die neuen Verhaltensnormen wirklich rezipierten und in ihren Funktionen als cultural brokers weitergaben, oder ob sich nicht andere Elemente des alltäglichen Lebens, etwa einheimische Tradition oder gerade europäische Willkür und Disziplinlosigkeit, stärker auswirkten. Gerade aus dieser Verwaltungselite rekrutierten sich die Träger des antikolonialen Nationalismus und des jungen Nationalstaates, die in ihrer eigenen Machtausübung die beschriebenen negativen Verhaltensmuster allzu häufig fortführten.

INHALT

Einleitung
Albert Wirz: Körper, Raum und Zeit der Herrschaft

Zeitenwechsel
Katrin Bromber: Disziplinierung – eine europäische Erfindung? Das islamische Bildungswesen an der ostafrikanischen Küste des späten 19. Jahrhunderts
Katrin Bromber / Jürgen Becher: Abdallah bin Hemedi – Ein Vertreter der administrativen Elite im Transformationsprozess zwischen Busaidi-Herrschaft und deutscher Kolonialadministration

Neue Kleider
Katrin Bromber: Ein Lied auf die hohen Herren – Die deutsche Kolonialherrschaft in der historiographischen Swahiliverskunst der Jahrhundertwende
Michael Pesek: Islam und Politik in Deutsch-Ostafrika
Jürgen Becher: Die deutsche evangelische Mission als Erziehungs- und Disziplinierungsinstanz in Deutsch-Ostafrika
Jürgen Becher: Martin Ganyisha – Eine afrikanische Missionskarriere

Eigene Wege
Andreas Eckert: „Disziplin und Tränen“ – Erziehung, Verwaltung und koloniale Ordnung in British-Tanganyika
Katrin Bromber / Andreas Eckert: A People’s Princess? Der Besuch von Prinzessin Margaret in Tanganyika, Oktober 1956
Andreas Eckert: Patrick Kunambi – Politiker und Chief in der Dekolonisationsperiode

Unter diesen Verweisen finden Sie Publikationen der Beitragenden und weitere Studien zu kolonialen und postkolonialen Machtverhältnissen in Afrika:

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