2013
696 Seiten
1 Karte, 24 s/w-Fotos, 1 Abbildung, 5 Tabellen, Glossar, Index: 1. Personen-, Gruppen- und Ortsnamen, 2. Sachbegriffe, Anhang: Lieder und Gedichte der Tuareg-Rebellen
Textsprache: Deutsch
Von außen betrachtet sind die Tuaregrebellionen, auch im Vergleich zu vielen anderen aktuellen Kriegen in Afrika, gänzlich unspektakuläre Ereignisse gewesen: Sie wurden in unwirtlichen und entlegenen Gebieten der Staaten Mali und Niger geführt, die selbst zu den ärmsten und am wenigsten bekannten Ländern der Welt gehören, bedrohten kaum die angrenzenden Staaten, geschweige denn den Weltfrieden, weckten nicht den Appetit dritter Mächte, so dass militärische Interventionen von außen ausgeblieben sind, und sie betrafen schließlich eine vergleichsweise geringe Zahl von Menschen.
Die Tuaregrebellionen sind Teil einer Reihe von aktuellen Kriegen in Afrika und anderen Teilen der sogenannten Dritten Welt, die in einem engen Bezug zur Entstehung und zum Zerfall des (modernen) Staates stehen. Wie schon die Einrichtung des Kolonialstaates in Afrika ist auch der Zerfall des postkolonialen Staates von Gewalt begleitet. Vor allem der Zusammenbruch des staatlichen Gewaltmonopols und daraus resultierende Kriege belegen, dass die Utopie des westlichen Staatsmodells im postkolonialen Afrika weitgehend gescheitert ist. Die Schwäche vieler afrikanischer Staaten macht nicht nur deutlich, dass das staatliche Gewaltmonopol zusammenbrechen kann, sie eröffnet ethnischen Gruppen auch die Chance, eigene, in ihrer Tradition begründete Organisationsvorstellungen erfolgreich gegen das staatliche Organisationsmodell durchzusetzen.
Die vorliegende Studie ist zwei Zielen gewidmet: sowohl einen Beitrag zur geschichtlichen Aufarbeitung der Tuaregrebellionen als auch zur Ethnologie und Soziologie des Krieges zu leisten. Ausgehend von der Frage, warum sich in den multi-ethnischen Staaten Mali und Niger gerade die Tuareg mit Gewalt gegen die jeweiligen Zentralregierungen erhoben haben, orientiert sich der Autor an drei Fragekomplexen: Er zeichnet Prozesse ethnischer Identitätsbildung und Abgrenzung bei den Tuareg sowie die Entwicklung ihrer Beziehungen zu anderen, benachbarten Ethnien nach, entschlüsselt dann die emische Logik und die interne Rechtfertigung für die Aufnahme von Gewalt und macht schließlich, bei den Untersuchungen zum Verhältnis der Tuareg zum nachkolonialen Staat, weiterführende Aussagen über den Charakter staatlicher Herrschaft in diesem Teil Afrikas.
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