Wiegand Jahn: Freundschaft und Macht – Eine Fallstudie aus Indus Kohistan / Nordpakistan. With an English Summary [PDF]

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ISBN 978-3-89645-164-4 Artikelnummer: 164 Kategorie: Schlagwörter: , , , , , , ,

Beschreibung

2009
XVI, 294 Seiten
9 Farbkarten, 14 Farbabbildungen, 2 Grafiken, 2 Genealogien, 18 Tabellen, Anhang

Textsprache: Deutsch

Indus Kohistan ist eine Region zu beiden Seiten der Indus-Schlucht in der pakistanischen North West Frontier Province, die 1976 im Zuge des Baus des Karakorum Highways als Distrikt in das pakistanische Staatswesen integriert wurde. Die Bevölkerung besteht aus vielen Sprach-, Territorial- und Deszendenzgruppen, wobei letztere wiederum verschiedenen Statusgruppen zugeordnet werden. Shin ist die Bezeichnung für Deszendenzgruppen von hohem sozialem Rang und Prestige, die in den meisten Teilen Kohistans die Bevölkerungsmehrheit darstellen.

Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die Beziehungen zwischen Akteuren und Gruppen der Shin. Die Mehrzahl der etwa 600.000 Menschen zählenden Bevölkerung Indus Kohistans wohnt bis heute in den Indus-Seitentälern und lebt von traditionaler Subsistenzökonomie: Ackerbau und Hochweidewirtschaft. Eine Minderheit allerdings siedelte in den letzten zwei Jahrzehnten um in neuentstandene Bazar-Orte am Karakorum Highway und kehrte der traditionalen Subsistenzökonomie den Rücken: Sie arbeiten als Bedienstete in den Verwaltungsbehörden, als Lehrer in Schulen oder betreiben Handel auf dem Bazar. Angehörige dieser ökonomischen Minderheit, die sozial und politisch aber eng mit der Mehrheit in den Seitentälern verbunden bleiben, stehen im Mittelpunkt der Untersuchung.

Konkreter Gegenstand der Fallstudie sind zwei Haushalte im Doppelort Dasu/Komila, dem politischen und ökonomischen Zentrum des Distrikts. Die Arbeit basiert auf Daten, die auf einer 16-monatigen ethnologischen Feldforschung 1998–2000 erhoben wurden. Thematisch ergeben sich zwei Schwerpunkte: Es wird erstens aufgezeigt, dass „Freundschaftsbeziehungen“ in einer traditionalen segmentären Gesellschaft auch in zentralen gesellschaftlichen Feldern eine tragende Rolle spielen. Dabei wird „Freundschaft“ definiert als eine Form interpersonaler Beziehungen, die auf Freiwilligkeit und Wahl basieren und ein weites Spektrum von egalitären bis hin zu hierarchisierten Patron-Klient-Beziehungen einschließen.

Mit diesem Fokus soll die einseitige und bislang in der Ethnologie vorherrschende Sichtweise ergänzt werden, die in traditionalen und/oder segmentären Gesellschaften seit jeher allein Verwandtschaft und Deszendenz (in Indus Kohistan: streng patrilineare Deszendenzgruppen) als das Handeln der Akteure strukturierende Prinzipien (an)erkennt. Zum Anderen werden diese Freundschaftsbeziehungen als Machtbeziehungen analysiert. Die Untersuchung von Macht bezieht sich auf die konkrete Handlungsebene. Macht wird dabei verstanden als Fähigkeit, das Handeln Anderer zu beeinflussen. Bezugspunkt ist der routinisierte Alltag „durchschnittlicher“ Akteure und nicht etwa das Handeln prominenter, erklärtermaßen „mächtiger“ Persönlichkeiten.